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25

Nov.

Das ist ein Deal!

„Kauf-nix-Tag“ gegen „Black Friday“

Der sogenannte „Black Friday“ zählt zu den umsatzstärksten Tagen des gesamten Jahres. Käuferinnen und Käufer gehen auf extreme Schnäppchenjagd. Doch die Konsumschlacht hat ihren Preis. Auf der Seite www.blackfriday.de zählt eine Uhr seit Wochen schon die Tage, Stunden und Sekunden, bis die große Verkaufsschlacht des „Black Friday“ beginnt. Von Amazon bis Boss und von Saturn bis MediaMarkt: Hunderttausende Konsument*innen werden im Umfeld des Rabatt-Tages des Jahres, dem „Black Friday“ am Freitag, auf Schnäppchen-Jagd gehen. Doch es geht auch anders:

Mit Blick auf den am Freitag anstehenden "Black Friday" im Handel fordern Umweltorganisationen und Initiativen für Fairen Handel zu einem kritischen und bewussten Konsum auf. Greenpeace kritisierte am Dienstag in Hamburg, dass viele Modeketten ihre Geschäfte mit so genannter Wegwerf-Mode ausbauten. Dieser Trend fresse Fortschritte beim Chemieeinsatz in der Modeindustrie auf. Vor allem Marken wie Mango, H&M, Primark, Nike und Adidas brächten immer größere Mengen an sogenannter Fast Fashion in den Markt.

Dass es auch anders gehe, zeigten beispielsweise Vaude oder Benetton, die „erste Schritte unternommen haben, um ihre Kollektionen zu reduzieren, ihre Warenströme zu entschleunigen und so ihren Ressourcenverbrauch zu senken.“ Eine Sprecherin von Vaude erklärte, reparieren, mieten und Secondhand-Kleidung müssten normal werden. Laut Greenpeace gehört die Modeindustrie zu den klimaschädlichsten Branchen, weil sie viel Müll produziere. Das liege an schnellen Produktzyklen mit teils wöchentlich wechselnden Kollektionen. Weltweit habe sich die Menge an produzierten Kleidungsstücken in den letzten sechs Jahren verdoppelt. Gleichzeitig werde ein Kleidungsstück nur noch halb so lang getragen wie vor 15 Jahren. www.vaude.de

Fairtrade Deutschland forderte am Dienstag „bewussten statt blinden“ Konsum: „Wir kaufen mehr, zahlen weniger und nutzen Produkte immer kürzer", kritisiert Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von Fairtrade Deutschland. „Der Black Friday ist zum Symbol dieses Konsumwahnsinns geworden.“ Den Preis für dieses Verhalten zahlten die Menschen in den Ländern des Südens: durch Umweltzerstörung, niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Overath betont: „Wer auf Langlebigkeit und faire Produktion setzt, macht einiges besser.“ www.fairtrade-deutschland.de

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In den USA hat sich der Tag zum größten Einkaufsereignis des Jahres entwickelt. Und Deutschland folgt dieser Entwicklung. Seit den 1930er Jahren gilt der „Black Friday“ in den USA als Auftakt zum Weihnachts-Shopping. Der Tag nach Thanksgiving, dem letzten Donnerstag im November, ist dort ein Brückentag und gehört deshalb zu den konsumträchtigsten im gesamten Jahr. Weil immer mehr US-Bürger*innen im Internet kaufen, wurde der Konsumrausch auf den „Cyber Monday“ und bisweilen zur „Black Week“ ausgedehnt. Auch in Deutschland hat der Handel ein Fest des Massenkonsums etabliert. „Ein Trend aus Amerika erobert Europa schneller als Halloween“, analysierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon 2016. Im Jahr 2006 führte Apple hierzulande die erste „Black-Friday“-Rabattaktion durch, um unter anderem den Verkauf des iPods anzukurbeln. Lag der Umsatz am Rabattwochenende 2017 noch bei 1,7 Milliarden Euro, erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) für 2021 schon rund 4,9 Milliarden Euro. Das entspräche im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von 27 Prozent. Dass in diesem Jahr am selben Wochenende der erste Advent begangen wird, ist für viele nur noch eine Randnotiz.

Aber es gibt auch Gegenbewegungen: Beispielsweise den parallel zum Black Friday stattfindenden „Kauf-Nix-Tag“, der in den USA bereits in den 90er Jahren stattfand und der erstmals Anfang der 2000er Jahre von konsum- und globalisierungskritischen Organisationen auch in Deutschland ausgerufen wurde. Ziel ist es laut den Initiatoren, nur das zu kaufen, was man wirklich braucht und damit Ressourcen, Umwelt und Klima zu schonen.

Diese Bewegung kann mittlerweile auch auf vielfältige Daten und Argumente zurückgreifen. „Jeder Deutsche kauft sich im Schnitt 13 Paar Socken im Jahr, außerdem sieben Paar Schuhe, und er besitzt 95 Kleidungsstücke.“ Das hat der Londoner Konsumforscher Frank Trentmann in seinem 2017 erschienenen Wissenschaftsbestseller „Herrschaft der Dinge“ vorgerechnet. Und in seiner „Geschichte des Konsums“ gefragt: „Warum konsumieren wir so viel mehr, als wir benötigen?“ Trentmann ist sich sicher: Die Menschen definieren über Konsumartikel wie Kleidung ihr Selbstverständnis und wie sie gesehen werden wollen.

Auch der Berliner Technikforscher Wolfgang König hat 2019 ein kritisches Buch zur Kehrseite des Konsums vorgelegt - eine „Geschichte der Wegwerfgesellschaft“. König beantwortet die Frage, ob sich das derzeitige Konsumverhalten noch beliebig verlängern lässt, mit einem klaren Nein. Er verweist darauf, dass die Menschen das Wegwerfen über einen längeren Zeitraum erst einüben mussten. „Früher wurde viel weniger weggeworfen. Die Dinge waren teurer, sie wurden länger verwendet, wurden repariert, umgenutzt, wieder aufgearbeitet", schreibt er. Auch das Umweltbundesamt verweist auf Alternativen zum Kaufrausch: Repair-Cafes, in denen Produkte repariert werden, sind mittlerweile flächendeckend in Deutschland verbreitet. Ebenso wie Carsharing-Angebote.

Also: Lieber Kauf Nix Tag als Konsumschlacht!

www.fairtrade-deutschland.de

https://kaufnix.ch/

Foto: Arbeitsalltag in einer Textilfabrik im indischen Tiruppur. Bild: Siva Pavi/Fairtrade.