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15

Aug.

Westfalen und der Kolonialismus

Das Buch aus dem Jahr 1942, das die fiktive Protagonistin Lena, eine junge Münsteranerin, bei ihrer Oma im Bücherregal findet, liest sich wie ein Abenteuerroman. Unter dem Titel "Ich suchte Land in Afrika" beschreibt Heinrich Schulte-Altenroxel (1867-1947) darin seine eigenen Erfahrungen - als Münsterländer Kolonist in Südafrika am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Lena begibt sich auf Spurensuche: Warum gab es in Südafrika eine Plantage namens "Westfalia"? Wer baute vor über 100 Jahren in Münster Tabak an? Und was hat unser Leben heute hier in Westfalen noch immer mit der Kolonialzeit der Kaiserzeit zu tun?

Das und viel mehr erfährt man in den sechs Folgen von "Westfalia - Westfalen und der Kolonialismus - ein fiktiver Hörspiel-Podcast mit echten Expert*innen". Ein Zusammenspiel aus szenischem Hörspiel, Zitaten aus historischen Quellen und O-Tönen von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und aktivistischer Szene spannt einen Bogen von der gewaltsamen kolonialen Vergangenheit zum alltäglichen Kaffeetrinken heute. In Folge 2 kommt unser Hausexperte Georg Knipping zu Wort, der das Engagement der Fairtrade Town Kampagne einordnet und Fair gehandelten Kaffee für den Nachmittagskaffee empfiehlt.

Im Podcast geht es um koloniale Verflechtungen der Handelsbeziehungen bis in die Gegenwart, um "Völkerschauen" und stereotype Bilder in der medialen Darstellung, um koloniale Verbrechen und nicht zuletzt auch um unser Zusammenleben in einer diversen Gesellschaft heute. "Mir war es wichtig, dass der Hörspiel-Podcast ein großes Themengebiet verständlich erzählt und wir nicht erst sperrige Fachliteratur lesen müssen, um zu verstehen, was der Kolonialismus und seine Folgen sind", so Co-Autorin Tatjana Niederberghaus.

Autorin Anne Kluger, Historikerin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, ist von der Notwendigkeit und vom Potenzial postkolonialer Lokalgeschichtsschreibung überzeugt. "Wir wissen heute, dass Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in Deutschland auch jenseits der großen Städte mit dem Kolonialismus verflochten waren. Langzeitwirkungen gibt es bis heute - in Stadtbildern, in Museen und Archiven und vor allem in unseren Köpfen. Dazu gehört auch, meine eigene Perspektive als weiße Autorin und die damit einhergehenden Privilegien und blinden Flecken zu reflektieren", so Kluger, die in Münster studiert und mehrere Jahre an der Universität Münster gearbeitet hat.

Um Perspektivwechsel geht es auch Niederberghaus, Verlegerin und diskriminierungssensible Producerin mit den Themenschwerpunkten Rassismuskritik und Empowerment in Münster. Sie hat die Parts der kritischen "Perspektivwechselstimme" geschrieben, die romantisierende und teils rassistische Zitate Heinrich Schulte-Altenroxels im Hörspiel-Podcast immer wieder unterbricht, korrigiert und einordnet. "Es wird Zeit, dass wir uns vom weißen, eurozentrischen Blick lösen und auch andere - nicht-weiße - Perspektiven wahrnehmen und ihnen Raum geben. Sonst wird der Gemeinschaft die Möglichkeit genommen, zu lernen und neue Erfahrungen zu machen", so Niederberghaus.

Gefördert wurde der neue Hörspiel-Podcast des LWL-Medienzentrums für Westfalen von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Themenjahres 2024 "POWR! Postkoloniales Westfalen-Lippe", an dem zahlreiche weitere Kultureinrichtungen und Museen in der Region mit Projekten und Ausstellungen beteiligt sind.

Hier geht es zum Podcast:
https://westfalen-medien.lwl.org/staffel/westfalia-westfalen-und-der-kolonialismus/

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org